Wie findet Bewusstseinsschulung in eine sinnvolle Beziehung zur Welt? Eine Antwort auf unsere Zeit?
- Melanie Berger
- 17. Mai 2021
- 11 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Mai 2021
Wie ist die Lage?
In einer Zeit, in welcher Polaritäten und Spaltungstendenzen überall wahrnehmbar und spürbar sind fragen sich viele Menschen, was sie konkret tun können. Wir scheinen wie gefangen zwischen zwei ganz unterschiedlichen Ansichten und kennen uns dabei oft selber gar nicht mehr so recht aus. Resignation durch Informationsüberflutung, Hoffnungslosigkeit sowie Verzweiflung, Ohnmachtsgefühle darüber was man glauben soll oder kann und in der Summe depressive Verstimmungen als Folge von Perspektivlosigkeit durch Lockdowns, sind keine Seltenheit mehr unter der Bevölkerung geworden.
Eine sogenannte Gegenhaltung oder mehr polare "Seite" einzunehmen und davon auszugehen, dass diese die richtige sei oder passiv auszuharren bis das schlimmste überstanden ist, erscheinen hierbei nicht unbedingt zielführend. Warum? Den genannten Positionen, welche nur als Beispiele und Verdeutlichung ihre Betrachtung finden, fehlt ein Ziel oder eine Vision für die Zukunft. Es ist wie keine eigene Mitte, keine konkrete eigene Positionierung vorhanden und es fehlt der konkrete Lösungsansatz um sich aus der mehr polaren Stellung herauszuheben.

Ein möglicher Lösungsansatz
Der Mensch als geistbegabtes Wesen hat die Möglichkeit, seine sogenannten Bewusstseinskräfte zu schulen und sich eigenständig ein Urteil über das im Außen stattfindende zu bilden. Dies wäre ein Ansatz der Zeit, die jedem Bürger eine individuelle, freie und unabhängige Position zur Sache verschaffen könnte, ihn im Ergebnis wieder hoffnungsvoller, würdevoller, freier und in der Folge auch gesünder erscheinen lassen würden. Doch was sind Bewusstseinskräfte? Als Bewusstseinskräfte können die Fähigkeiten, die jedem Menschen eigen sind, und das wären das objektiv, logische Denken, das wahrnehmende Fühlen und das beziehungsfreudige Wollen, bezeichnet werden. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es sich hierbei weniger um ein intellektualistisches Denken handelt, sondern um ein vorstellendes Denken, dass aus dem Objekt der Betrachtung selbst geschieht. Durch diesen Vorgang der objektiven Gedanken- und Vorstellungsbildung entsteht mit der Zeit ein subtiles, feines Gefühl, ein sogenanntes Empfinden zum ausgewählten Objekt, zur Aussage oder zu einer Sache selbst. Dieses sogenannte Empfinden ist nicht zu verwechseln mit emotionalen Gefühlen, die nicht aus dem Objekt selbst, sondern mehr aus der persönlichen Erfahrung oder Stimmung herrühren. Ob bspw. eine Aussage wahr oder unwahr ist, kann jeder Mensch durch seine Möglichkeit des logischen, objektiven Denkens auf recht unkomplizierte Weise eigenständig selbst herausfinden, da die Seele oder das Bewusstsein, wenn man seine eigenen Erfahrungen und Gefühle zurückweichen lässt, subtil wahrnimmt, ob die Aussage sich stimmig oder nicht stimmig anfühlt. Es ist ähnlich wie in der Mathematik. Wenn die Gleichung aufgeht erlebt der Mensch wie eine Ordnung und ein feines Empfinden des stimmig sein. Wenn sie jedoch nicht aufgeht, erlebt man so etwas wie ein irritiert sein. Interessanterweise erlebt jeder Mensch dies ähnlich.
Fremd- oder Selbstbestimmt?
Wenn der Mensch bspw. nur wenige wichtige Aussagen zu einer Sache nimmt, und sich mit diesen auf die vorgeschlagene Weise mutig und eigenständig auseinandersetzt, sind wir nicht mehr wie ein Spielball von Dritten, sondern werden unserem eigentlichen Menschsein, das unter Anderem als würdevoll, unabhängig und mutig bezeichnet werden kann, gerecht. Die Fähigkeit zur Anschauung und intensiven Ansicht anderer oder einer Aussage verleiht dem Menschen eine großartige persönliche Stärke und Würde. Das Denken findet wie außerhalb unserer eigenen persönlichen Erfahrungen und Stimmungen statt und eine Aussage bspw. kann real erfasst werden. Seelische Täuschungen, sogenannte Suggestionen, mit fremdem und krankmachendem Charakter lassen sich so erkennen und verlieren somit ihre Wirkung. Mit einigem Training lernt der Mensch recht schnell eine Unterscheidung kennen und ein eigenes Urteil heranzubilden, welches wiederum zu einer eigene Standposition, heraus aus der mehr verwickelnden, aufzehrenden und erschöpfenden polaren Situation führt.
Immanuel Kant, deutscher Philosoph, hat diesen Vorgang des eigenständigen, logischen und objektiven Denkens in den unten stehenden, sehr interessanten Worte verfasst:
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung."
In der yogischen Lehre kennt man das visudda-cakra, ein sogenanntes Energiezentrum welches an der Halsregion ihren Sitz hat, und genau diese seelische Eigenschaft eines objektiven, logischen, unterscheidenden und vernunftorientierten Denkens in die Entwicklung führen soll. Durch das ruhige, beobachtende Betrachten gelangt der Mensch zu einer Art Reife und Verantwortung mit einer unabhängigen, offenen und wahrnehmenden Standposition.
Innerhalb der Yogaübungen kommt dieses Zentrum insbesondere bei diesen Übungen zu einer günstigen Entfaltung: der Fisch, der Halbmond, die Flügel, gewinkelte Kopf-Knie-Stellung. Jedoch kann das Visudda-Cakra bei jeder Yogastellung zur Entwicklung gelangen. Dies geschieht auf ganz praktische Weise immer dann, wenn der Übende den Körper mehr wie ein Werkzeug, welches er ganz bewusst, eine exakte Vorstellung von der asana habend, in die gewünschte Form führt und während der Haltedauer in einer ruhigen, wachen und beobachtenden Übersicht zum Körper verbleibt. Das Bewusstsein führt den Körper in einem Unabhängigsein von alten Erfahrungen und Emotionen.
Praktische Anleitung zur Entwicklung eines unabhängigen, logischen Denkens
Häufig ist das sogenannte Bewusstsein des Menschen noch wie ungeordnet und wenig differenziert. Aussagen werden nicht geprüft, sie werden wie hineingenommen, nicht eigenständig nach ihrem Wahrheitsgehalt geprüft und können somit wie "schlecht verdaut" werden. Dies ist vergleichbar wie wenn man dem Menschen ein unverdauliches Gras als Speise vorsetzen wollte oder wie wenn man mit einer Augenblende zum Einkaufen fahren würde. Man weiß hinterher nicht, welche exakten Artikel sich im Wagen befinden, und ob man damit ordentliche Gerichte für die nächsten Tage zusammenstellen kann, die dann wiederum förderlich für die seelische und körperliche Erkraftung sind. Genau genommen weiß man nicht so recht, um was es sich konkret handelt und wirkt im Ergebnis krankmachend. Dies ist ein Bewusstseinszustand unserer Zeit, welchen wir hinter uns lassen und zu einer wirklichen Reife gelangen könnten.
Für die Praxis ist es günstig sich für einen Sitz zu entscheiden, welcher nicht viel Mühe bereitet und der es zulässt, die Wirbelsäule leicht vertikal aufzurichten. Das Sitzen sollte nicht allzu viel Mühe kosten, sodass der Körper sich nicht allzu sehr aufdrängt. Dies könnte auf einem Stuhl geschehen, oder am Boden sitzend im Schneidersitz oder auch in der yogischen Haltung des Lotussitzes. Um sich idealerweise auf das Denken vorzubereiten ist es weiter günstig, für eine kurze Dauer von ca. 1-2 min. den Körper auf eine geordnete Weise, so wie er ist, wahrzunehmen. Man beginne bspw. damit, dass man die Berührung mit dem Stuhl oder Boden bemerkt, sodann die aufgerichtete Wirbelsäule, die Arme, den vorderen Bereich des Körpers mit den Atembewegungen und abschließend das Haupt mit der Stirnpartie. Dann beobachtet der Übende für wenige Augenblicke die eigenen Gefühle die vorbeischweifen, ohne sich mit diesen zu verwickeln oder zu intensiv zu verbinden. Diese Aufmerksamkeitsübung schafft eine erste Ordnung und Unabhängigkeit vom Denken, zum Fühlen und auch zum Körper. Es ist wie eine Gegenüberstellung der eigenen Wirklichkeit. Mit einiger Übung können diese mehr vorbereitenden Schritte recht schnell und unkompliziert erfolgen und bedürfen keiner besonderen Örtlichkeit, sondern werden mehr auf natürliche Weise in den Alltag integriert.
Nehmen wir für die Praxis nun einen Satz aus der obigen Aussage von Kant:
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit."
Man stelle sich diese Worte vor und bleibe in einer ruhigen Betrachtung zu diesen, ohne sie sogleich mit Interpretationen oder Erklärungen überladen zu wollen. Sie verweilen wie außerhalb des Körper vor dem Gesichtssinn, ca. 30 cm vom Haupt entfernt, in einer aufmerksamen Beobachtung und freien Betrachtung. Es könnte als kreativen Prozess eine Frage, welche das Interesse weckt, hinzukommen. Keinesfalls sollte die Frage jedoch zu einer sofortigen Beantwortung gelangen, da die Antwort, die sich oft sogleich aufdrängen möchte, mehr aus der eigenen subjektiven Erfahrung herrührt, und weniger aus der Aussage selbst. Fragen wie: "Was wollte der Verfasser aussagen?, "Wie gelangt man zur Aufklärung oder Reife?", "Welche Empfindung oder Wirkung entsteht beim Denken des Satzes?" "Entspricht der Satz einer Logik?" sind beispielhaft. Sehr wichtig erscheint, dass der Betrachter zu jedem Zeitpunkt in einer freien, klaren und geordneten Haltung verbleibt und Bewertungen oder Interpretationen entschieden zurückweist. Es benötigt also neben einem Inhalt, den man prüfen oder verstehen möchte, gewisse Kriterien zur Prüfung. Dabei ist der Kreativität keine Grenze gesetzt. Wichtig erscheint es, dass der Übende weiß, wohin er gelangen möchte, was das Ziel ist. Will er den Wahrheitsgehalt und die Logik prüfen, erforscht er mehr die Empfindung die durch das gesprochene entsteht, oder vielleicht das innere, verborgene Motiv des Sprechers?
Zu Beginn ist es vielleicht noch nicht sogleich möglich, diese Denkleistung in der exakten Form hervorzubringen. Mit einigem Training jedoch gelingt diese Gegenüberstellung von Aussagen recht gut und kann von anfänglichen wenigen Minuten bis zu 10 oder 15 min. gehalten werden.
Für den Alltag empfiehlt es sich sogar, die Menschen im persönlichen Umfeld nach Kriterien einer eigenständigen Denkweise zu betrachten und sie sich so vorzustellen. An dieser Stelle möchte ich einen Satz von dem Geistforscher und Yogalehrer Heinz Grill zitieren:
"Nach den Möglichkeiten eines gegenstandsbezogenen, angstfreien und vernünftig orientierten Denken betrachte ich den Menschen".
Kritiker mögen vielleicht sagen: "So eine Denkweise ist übergriffig und verboten!" Was aber könnte im Denken eines werdenden, schönen Bildes eines Menschen verboten sein? Vielmehr ist es sogar eine sehr sozialfähige, aufbauende und empathische Art, mit einem Menschen in Beziehung zu treten. Gedanken entfalten ihre Wirkung, ganz egal, ob der Mensch sich in unserer direkten Nähe befindet oder nicht.
Wie sieht diese Form des Denkens metaphysisch aus?
Der Begriff metaphysisch mag manche Menschen evtl. zunächst abschrecken. Bedeutet er von der reinen Definition her "übersinnlich" oder "übernatürlich" und einige werden sich fragen, ob dies überhaupt existent ist, da sie nicht an die Möglichkeit einer transzendenten Welt in dieser Form glauben. Durch ein einfaches Beispiel könnte man hier zu einer ersten eigenen Vorstellung und Erfahrung kommen.
Wie ist es mit Stimmungen? Vermutlich kennt es jeder. Man betritt einen Raum in welchem sich mehrere Menschen an einem Tisch sitzend befinden. Man spürt sofort, ob in diesem Raum mehr einengende, bedrückende, geladene oder vielleicht freilassende, freudige und aufnehmende Stimmungen vorhanden sind. Die Stimmungen ergeben sich durch die im Raum anwesenden Personen, sie sind von diesen eigenständig erzeugt. Man kann die Stimmungen des Raumes deutlich wahrnehmen wenn man aufmerksam ist. Aber kann man diese Stimmungen mit den physischen Augen sehen? Wohl eher weniger. Klar ist jedoch, dass diese real vorhanden sind. Dieses Wahrnehmen gelingt über das Bewusstsein wenn man sich nur fragt, was im Raum lebt. Es betrifft die seelische Eigenschaft des Fühlens und Wahrnehmens. Eine aggressive Stimmung weist bspw. eine andere Form oder Farbe vor als eine freilassende, freudige. Die Form oder Farbe ist metaphysisch so wie die Stimmung tatsächlich vorhanden. Wir spüren sie, können sie jedoch nicht mit den physischen Augen bspw. wie einen Stuhl erkennen.
Was geschieht nun metaphysisch, wenn es dem Menschen gelingt, sich einem Objekt im Gegenüber anzunähern? Wenn man es sich bildhaft vorstellt, lässt man das eigene wie zurück und nähert sich auf ganz neue vorstellende Weise einem Gegenüber an. Durch diese Bewegungsrichtung, die nach außen gerichtet ist, entsteht wie ein Freiwerden von alten Gefühlen und Stimmungen und es wird wie lichter und offener um den Menschen. Man könnte es sich auch folgendermaßen vorstellen: man kennt es, wenn morgens noch der dichte Nebel im Tal hängt und noch keine Sonnenstrahlen hindurchscheinen. Wenn man jedoch das Tal verlässt und nach oben fährt, lichtet sich plötzlich das Nebelfeld, man tritt aus diesem heraus und kann plötzlich das klare, glitzernd funkelnde Sonnenlicht erleben, welches die Atmosphäre um einen herum erhellt. Ähnlich lässt sich der Gedankenbildeprozess beim Menschen erleben. Er ist nach außen hin offen, wahrnehmend und beobachtend tätig. An den Augen lässt sich dieser Vorgang recht leicht sogar bis in die Physis beobachten. Man erlebt ein nach außen gerichtet sein und die Augen erhalten einen glitzernden, funkelnden und interessierten Glanz. Gleich einem Sternenmeer.
Vermutlich ist einem die Aussage" "Es ist mir ein Licht aufgegangen" recht bekannt. Wo vermutet man auf unbefangene Weise das Licht?
Dieser Vorgang des eigenständigen, logischen und vernünftig orientierten Denkens ist laut Kant der Ausgang aus der Unmündigkeit, man könnte auch sagen aus der sogenannten Fremdbestimmung übergehend zu einer Selbstbestimmung. Der Begriff "Selbst" beschreibt in seiner Bedeutung den geistigen Wesenskern des Menschen oder anders ausgedrückt die Fähigkeit des Menschen zu Denken.
Gesundheitliche Aspekte der Auseinandersetzung
Doch hat dieser Vorgang des Denkens auch Auswirkungen auf unsere Gesundheit? Einige wenige gesundheitliche Aspekte werden hier in Kürze dargestellt.
In erster Linie führt diese Art des gegenüberstellenden, vorstellenden Denkens zu einer ersten Ordnung und Klarheit im Inneren, was sich dann bis auf die körperliche Ebene in Form einer Beruhigung des Nervensystems auswirkt. Viele Menschen suchen die sogenannte "innere Mitte". Diese muss durch eine eigenständige Tätigkeit, wie sie hier beispielhaft vorgeschlagen wird, aktiv vom Menschen hergestellt werden. Man kann sie sich nicht bestellen oder einmal für alle Zeit aneignen. Es bedarf immer einer rechten Auseinandersetzung und Ordnung der äußeren Verhältnisse. Im Yoga spricht man von der Ordnung der Seele, oder auch des Astralleibes. Ferner hat diese Form des Denkens neben der Beruhigung des Nervensystems auch eine von jeglichen Ängsten und depressiven Formen befreiende Wirkung.
Eine logische Denktätigkeit wirkt sich weiterhin auch auf die sogenannte Lebenskraft oder Energie des Menschen aus. Er bemerkt, wie er sich durch den Denkvorgang, der durchaus als eine Arbeit oder eine Art Opfer angesehen werden kann, aufgerichteter, klarer, wacher, wie leichter und freier fühlt. Der Übende nimmt wahr, wie etwas entsteht, dass wie eine kräftigende, fließende Substanz beschrieben werden kann. Auf körperlicher Ebene hat dies eine positive Auswirkung auf den Wasserhaushalt des Menschen. Alles gelangt in einen Fluss und Stauungen werden weniger. Insbesondere hat dies auch eine gesundende, aufbauende Wirkung auf das Immunsystem. Dieses besteht zu großen Teilen aus Lymphe im Stoffwechselbereich. Es ist vorstellbar wie mit einem Gewässer. Ist dieses gut im Fluss, also voller Energie, lebendig, wird das Wasser nicht schlecht werden oder kippen. Wenn es jedoch gestaut ist, ohne einen geeigneten Zustrom von frischem Wasser von außen, besteht die Gefahr einer verminderten Wasserqualität.
Fazit
Es wäre meines Erachtens eine dringliche Notwendigkeit unserer Zeit, dass der Mensch, wie Kant es ausgesprochen hat, zu einer wirklichen Aufklärung und Reife gelangt, welche er sich durch eine gedankliche Eigenaktivität aneignet. Er enthebt sich aus den belastenden, krankmachenden polaren Positionen in eine gesündere und reifere. Es bedarf Mut und Verantwortung, sich mit einer Sache aktiv auseinanderzusetzen, sich seines Bewusstseins als Instrument der Aktivität selbst bewusst zu werden. Wenn es um ein Thema, eine Sache oder Aussage geht, bedarf es keiner persönlichen, meinungsbildenden oder bewertenden Ansichten, denn diese spalten und führen häufig zu Streitereien, sondern es bedarf einer wahrnehmbaren, beobachtenden, wachen und mutigen Anschauung, um was es sich tatsächlich handelt. Der Mensch gelangt dadurch zur Reife, Würde und auch zu einer eigenständig entwickelten Moralität.
Gerade durch die Coronasituation, jetzt wo man recht gut wahrnehmen kann, wie es nicht mehr geht, also man wie das Böse deutlich erkennen kann, entstehen in der Seele neue Antriebskräfte zur Verwandlung. "Was fehlt in der Gesellschaft, welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte der Mensch entwickeln für die Zukunft?" wären hinführende Fragen, die ebenso in einer ruhigen Betrachtung gehalten werden können, bis sich schließlich daraus geeignete Ideen ergeben, die der Einzelne dann zu einem Ideal im Leben entwickeln kann.
In Bezug auf die Mitmenschen erscheint es förderlich sich die Frage zu stellen, wie man auf seinen Gegenüber zugehen und in Beziehung treten kann. Den anderen empathisch und wach beobachtend wahrzunehmen, an seiner Wirklichkeit anzuknüpfen und freilassend zu begegnen sind Fähigkeiten, die es für das Werden einer zukünftigen Kultur dringend benötigt.
Vielleicht fragt man sich nun ernsthaft, wie das Entwickeln von logischen Gedankengängen ein Lösungsansatz oder Ausweg sein kann? Sowieso in einer Pandemie. Wie verhält es sich denn, wenn man sich mit einer Sache ordentlich auseinandersetzt, bspw. auf die vorgeschlagene Art und man so zu einer objektiven Erkenntnis, um was es sich konkret handelt, gelangt? Man kennt es bereits aus anderen Situationen im Leben. Erkennt man eine Sache, muss man ihr nicht mit Angst und Schrecken begegnen, sondern kann sich gemäß der Notwendigkeit, die sich aus dem Kennenlernen der Sache selbst ergibt, entsprechend verhalten und handeln. Angst ist ein recht schlechter Berater, denn in der Phase der Angst, und diese ist rein subjektiv, ermächtigt sich sich ein Gefühl, dass oft nichts mit der tatsächlichen Realität zu tun hat, dem freien Bewusstsein und führt zu irrationalen Verhaltensweisen. Ein Mensch der nicht in ständiger Angst lebt erfreut sich insgesamt auch einer viel besseren physischen und psychischen Gesundheit.
Und wenn Kritiker nun sagen: "alles Unsinn, mit Denken kommen wir nicht weiter" dann sage ich: Denken ist alles. Es verändert die Kultur. Wo wären wir wohl, wenn nicht jemand einmal eine Idee von der Glühbirne gehabt hätte, oder von Gleichberechtigung der Frau, oder sich ein Umweltbewusstsein angeeignet hätte? Die Gesamtentwicklung des Menschen zu mehr Moral und Selbstbestimmung bedarf ggf. etwas Zeit, dennoch liegt es an jedem Einzelnen, und zwar heute, was morgen wird. Gedanken entwickeln sich zu Ideen und Idealen, der Mensch fühlt und bearbeitet die Idee und handelt im Ergebnis danach. Jeder Einzelne zählt. Man kennt es, wie ein Mensch die ganze Stimmung im Raum verändern kann wenn er eintritt, positiv wie auch negativ.
Wie wäre es wohl, wenn zukünftig nicht mehr niedere Begehrlichkeiten wie Reichtum, Gier, Machtsucht, allgemein das "Habenprinzip" an erster Stelle stehen würden, sondern der Mensch mit seiner Entwicklung und somit ein sogenanntes "Gebendes Prinzip" den Platz in der Mitte einnehmen würde?
Empfehlungen zur Auseinandersetzung:
Zahlreiche Artikel zum aktuellen Zeitgeschehen unter: https://heinz-grill.de/
Video über die seelische Bedeutung der Impfung: https://www.youtube.com/watch?v=20inTkjy9dE
Quellen:

Heinz Grill "Übungen für die Seele - Die Entwicklung eines reichhaltigen Gefühlslebens und das Erlangen erster übersinnlicher Erkenntnisse"
Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? 1784
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