Yoga Bewegungsfreude & Ästhetik
Beim Praktizieren von Yoga-Körperübungen (āsana) kann den Übenden die interessierte Fragestellung begleiten, wann eine Übung in ihrem äußeren Ausdruck ästhetisch erscheint und somit zur freudig aufbauenden Bewegung wird?
Es ist einmal nicht notwendig, einen besonders beweglichen oder sportlichen Körper zu besitzen. Auch sind die äußeren Maße des Körpers eher nebensächlich, da die Ästhetik und Freude sich nicht durch die gegebene Form des Körpers ausdrückt.
Bewegungsfreude & Ästhetik entstehen dann, wenn der Mensch von einem Gedanken, einem Inhalt oder einer Idee ausgehend sich eine āsana vornimmt und den Inhalt über den Körper in den Yogastellungen empfindsam zum Ausdruck bringt. Wie ist dies nun genau zu verstehen?
In der unten dargestellten āsana `pascimottanāsana´geht es um das Kennenlernen der seelischen Empfindung der Weite. Weite entsteht durch eine erste einfache Dreigliederung. Die Beine verbleiben als ruhig wahrnehmbare Basis am Boden während eine grenzüberschreitende Spannkraft sich aus der Mitte der Wirbelsäule in die Weite nach vorn unten erbaut und der Schultergürtelbereich leicht und entspannt bleib. Diese Gliederung des Körpers wird während der Ausführung der Übung gedanklich und körperlich aufrecht erhalten.

Wenn man die Übung betrachtet kann der Gedanke einer weit aus der Mitte der Wirbelsäule ausgleitenden Bewegung recht gut in die Vorstellung gelangen. Während des Übens verbleibt das Bewusstsein trotz der körperlichen Anstrengung in einer ruhigen Übersicht und Ordnung zum Körper. Das Bewusstsein führt die āsana. Die Übung verliert sich hierdurch nicht in einem Schweregefühl, sondern bleibt spannfreudig und leicht. Es entsteht im Ergebnis eine Form, die nie zu aufdringlich, statisch oder grob erscheint, sondern eine Form die leicht, bewegt und einfach nach außen ästhetisch wirkt. Wenn eine Idee vom Menschen in eine Form gebracht wird, entsteht immer eine innere Freude und Schönheit, die auch nach außen wirkt.
Die Auseinandersetzung mit der seelisch-geistigen Bedeutung der jeweiligen Yogaāsana steht in dieser Übungspraxis am Anfang - der vom Bewusstsein exakt geformte Körper steht als Ergebnis am Ende.
Durch diese Art des Übens wird neben ästhetisch freudigen Bewegungen eine Stabilisierung im Inneren des Menschen gefördert. Die Kräfte des Bewusstseins (denken fühlen wollen ) werden in eine gegliederte Ordnung geführt, die im Ergebnis dann in einem Empfinden von seelischer Weite wahrgenommen werden kann. Das Nervensystem wird entlastet und der Mensch regeneriert durch den aktiven Aufbau neuer Lebenskräfte. In diesem Sinne ist Yoga weitaus mehr als eine reine Körperbewegung - Yoga ist Menschenkunde.
„Jeder lebendige Gedanke ist eine Welt im Werden, jede wirkliche Tat ein sich offenbarender Gedanke." Sri Aurobindo