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Heilswirkungen des Kopfstandes (śīrṣāsana)

  • Autorenbild: Melanie Berger
    Melanie Berger
  • 20. Feb. 2021
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. März 2021

Der Kopfstand ist eine āsana (Körperübung), die eine vertikale Linie des Körpers in einer Umkehrhaltung beschreibt. Bevor der Übende in die Stellung hineingeht ist es günstig, sich einige Augenblicke Zeit zu nehmen um sich mental auf die Form, welcher der Körper sogleich einnehmen wird, vorzubereiten. Dies geschieht bspw. wenn man sich ganz unkompliziert eine vertikale Linie, die klar, konkret, aufgerichtet, dynamisch aber dennoch leicht nach oben strebt, vorstellt (weitere Beschreibungen und exakte Anleitung des Kopfstandes findest Du im Video "Das Erleben eines langen Rückens und ihre gesundheitliche Bedeutung"). Sicher gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten, die Stellung zu praktizieren, hier möchte ich aber die Heilsmöglichkeiten, die mit einer vorstellenden Denktätigkeit des Menschen in Verbindung steht, herausarbeiten.


Jede āsana ist einem bestimmten Körperbereich zugeordnet. Der Kopfstand dem kleinen Organ im Stirnbereich, welches Hypophyse genannt wird. Dieses Organ befehligt beinahe die gesamte Steuerung der Hormondrüsen und senden von dort aus Botenstoffe in den ganzen Körper wodurch die eigentlichen Funktionen gesteuert werden. Die yogische Lehre kennt die sieben Chakren die in psychischer Hinsicht mit dem Menschen in Verbindung stehen. Man kann sie mit den Augen nicht direkt sehen, sie sind sogenannte "feinstoffliche" Zentren, die sich durch unterschiedliche Eigenschaften des Bewusstseins kennzeichnen und sich durch dieses auch entwickeln lassen. Es sind an der Zahl sieben und beinahe alle entlang der Wirbelsäule verteilt. Der Bereich der Stirn wird dem sogenannten ājñā-cakra, welches mit der Gedankenkraft des Menschen in Verbindung steht, zugeordnet. Dort befindet sich interessanterweise in etwa auch der physische Ort der Hypophyse.


Wenn der Übende nun mit einer vorstellenden Denktätigkeit, die dem inneren seelischen Bild der āsana entspricht, beginnt, fördert er je nach Stellung eine seelisch wahrnehmbare Empfindung. Sicher muss sich der Übende erst langsam an eine Übung heranarbeiten und diese einigermaßen beherrschen, dass er zu einem feinen Erleben gelangen kann. Nach dieser Körperform, wenn sie gelungen ist, erlebt sich der Übende konzentriert, ruhig, aufgerichtet, wach, klar und dynamisch.


Als mögliche betrachtende Denkübung füge ich hier eine Darstellung des Kopfstandes, demonstriert von Heinz Grill (Yogalehrer, spiritueller Lehrer), ein. Eine sinnvolle Denkanforderung ergibt sich, wenn man die Bilder ganz exakt betrachtet wie sie sind. Fragestellungen wie unten exemplarisch aufgeführt sind sehr günstig für eine objektive Betrachtungsweise:


- wo liegt der jeweilige Bewegungsansatz?

- welche Bewegungsform wird sichtbar?

- wie lässt sich die Bewegung erleben, wie wirkt die Bewegung? (konkrete Kriterien wie die Bewegung in ihrem äußeren Ausdruck erlebt werden kann, sind weiter oben im Text bereits benannt. Die eigene Prüfung erscheint hier jedoch von großer Bedeutung).


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Worin genau liegt nun die unterschiedlichen Heilswirkung?


Heilswirkungen auf die Denktätigkeit

Durch die vorangegangene mentale Arbeit des Menschen in Form einer denkenden Vorstellungstätigkeit wird bei dieser Übung insgesamt die Konzentrationsfähigkeit und die Vorstellungskraft des Menschen gefördert. Für die Ausführung des Kopfstandes benötigt der Übende genau diese Fähigkeiten. Da sich die Bewegung auf den Bereich der Stirn konzentriert hat dies in Verbindung mit einer vorstellenden Tätigkeit eine intensiv stimulierende Wirkung auf das genannte ājñā-cakra bzw. auf die Hypophyse die wie gesagt die meisten Körperfunktionen steuert. Der Kopfstand hat durch den Umstand, dass man auf dem Kopf steht sicher auch ohne Denktätigkeit eine Wirkung auf die Hypophyse, doch ist die Wirkung mit der mentalen Arbeit weitaus nachhaltiger und sehr viel intensiver und erzeugt überdies noch weitere heilende Wirkungen auf die Psyche und den Körper. Ferner kann man durch die Tätigkeit des Denkens auch ohne die körperliche Ausführung des Kopfstandes auf die Psyche und den Körper wirken.


Heilswirkungen auf seelischer / psychischer Ebene

Sogenannte Empfindungen, Gefühle, die der Mensch über die spezifische mentale Tätigkeit vor und während der āsana bewusst heranbilden kann, bereichern und erweitern das sogenannte seelische Erleben des Übenden. Durch jede Yogaübung drücken sich unterschiedliche, der Stellung entsprechende seelische Empfindungen aus. Im Kopfstand kann der Praktizierende bspw. auf das intensive Formgefühl achten. Das Empfinden dieser Form ist nicht so sehr bewegt, sondern eher statisch aber dennoch dynamisch, klar und konkret. Nach der Ausführung erlebt sich der Übende dynamisch aufgerichtet, jedoch nicht allzu streng, allein über die Muskelkraft aufgerichtet, sondern leicht aufstrebend. Der Kopfstand fördert die seelischen Eigenschaften der Zielstrebigkeit sowie der Konzentrationskraft und wirkt dadurch ordnend und entlastend auf das Nervensystem, welches mit dem Bewusstsein in Verbindung steht.


Gerade bei der Depression, welche durch eine allgemeine gemütshafte Schweretendenz einhergeht, ist die Konzentrationskraft eingeschränkt. Es ist deshalb gerade auf psychischer Ebene eine mentale Vorbereitung in der vorgeschlagenen Art und Weise angezeigt, da diese wie lichtend und erhebend auf das Bewusstsein wirkt. In der Depression ist unter anderem die Tätigkeit der Hypophyse gestört, die durch den Denkvorgang eine natürliche Anregung erhält und so eine ausgleichende Wirkung erzielt. Ferner fehlt in depressiven Episoden den Menschen die Fähigkeit des Mutes. Auch diese Fähigkeit wird durch das praktizieren des Kopfstandes auf natürliche Weise gefördert.


Heilswirkungen auf energetischer Ebene

Die Übungsweise mit einer vorhergehenden Denktätigkeit fördert jedoch nicht nur eine innere Ordnung und sorgt für ein waches Bewusstsein, es wird auch noch eine weitere subtile und stärkende Kraft frei. Interessant aber recht unbekannt ist es, dass der Mensch durch eine denkende Tätigkeit wie es hier vorgeschlagen ist, neue Lebenskraft, die Inder nennen sie prāṇa-Energie, in der Anthroposophie werden sie Ätherkräfte genannt, organisieren kann. Durch das wiederholte Denken der vertikalen Form prägt sich die Bewegung schon vor der Praxis ein und steht wie vorbereitend zur Verfügung. Der Übende bemerkt, dass eine Belebung des Körpers, wie ein feines Fließen stattfindet. Insbesondere dann, wenn die āsana wiederholt gedacht und praktiziert wird. Die Bewegung scheint sich wie aus der Schwerkraft herauszuheben. Es geht leichter nach oben in die vertikale Linie hinauf. Dadurch findet ganz allgemein eine Belebung des gesamten Körpers statt und Stauungen werden so verringert. Der Wasserhaushalt wird auf günstige Weise angeregt und die Glieder werden wie besser integriert. Wenn sich Stauungen, bspw. in den Beinen (dicke Füße) befinden kann man sagen, dass diese zu wenig integriert sind. Die Anregung der Lebenskraft durch die vorgeschlagene Denk- und Vorstellungstätigkeit sowie die darauffolgende Ausführung führt dazu, dass sich die Glieder wieder besser in einem Gesamtzusammenhang erleben lassen. Sie sind integer wie man sagt. Der Lymphfluss wird gesteigert. Diesen Energiefluss kann man sich wie mit dem Fließen des Wassers vorstellen. Wird Wasser gestaut, verliert es an fließender Kraft. In diesem übertragenen Sinne sind Stauungen im Körper zu verstehen. Es ist etwas nicht mehr ordentlich im Fluss. Dies hat weiterhin auch eine ausgleichende Wirkung auf den Blutkreislauf. Weitere Ausführungen sind detailliert in diesem Artikel von Heinz Grill beschrieben:



Heilswirkungen auf den Körper

Neben der bereits genannten Heilswirkungen wird weiterhin ganz praktisch die Wirbelsäule dynamisiert und belebt. Durch das Langwerden der Wirbelsäule (bei korrekter Ausführung) werden die Bandscheiben entlastet, die Organe (durch die Umkehrhaltung) neu belebt und entstaut und allgemein der Blutfluss angeregt.


Kontraindiziert

Wenn akute Verletzungen am Kopf oder an der Halswirbelsäule vorliegen sollte der Kopfstand sehr vorsichtig oder gegebenenfalls nicht praktiziert werden bzw. nur unter einer geeigneten Anleitung erfolgen.


Lernschritt der āsana für das Leben

Dieses bewusste Platzieren des Kopfes am Boden bedeutet im übertragenen Sinne das rechte Platzieren von Gedanken im Leben. Um sich Ziele vorzunehmen, vorstellende Gedanken zu pflegen, diese aktiv und mutig zu verfolgen und umzusetzen, benötigt der Mensch eine gewisse Spannkraft. Wie wenig werden sich heute Ziele vorgenommen und bis zu ihrem gelungenen Abschluss durchgehalten? Wie wenig werden tatsächlich förderliche Gedanken ausgesprochen oder überlegt? Der Mensch befindet sich mehr in einem intellektuellen Informationsaustausch, der von der vorstellenden Denktätigkeit, welches die Phänomene der Seele mit einbeziehen, stark unterscheidet. Während die intellektuelle Denkweise den Menschen eher erschöpft und auslaugt, baut die vorstellende Denkpraxis sogar auf und schafft (Lebens-)Kraft, anstatt welche zu konsumieren oder zu verbrauchen. Wie schön wäre es, wenn die Menschen sich durch den sinnvollen Umgang bspw. mit spirituellen Gedanken, die das Seelenleben des Menschen einbeziehen, beschäftigen würden und sich auf diese Weise gegenseitig fördern und aufbauen würden.


Viel Freude beim Lesen und Forschen sowie beim mutigen selber üben :-)

Eure Melanie

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