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Die Entwicklung von Aufmerksamkeit am Beispiel des Fisches (matsyāsana)

  • Autorenbild: Melanie Berger
    Melanie Berger
  • 22. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

Unser Gesellschaftsleben verändert sich stetig und viele Menschen haben den Eindruck, ihren Aufgaben nicht mehr gerecht zu werden. Wir haben sehr leicht Zugang zu vielen Informationen die uns manchmal zu überschwemmen drohen, die wöchentlichen Termine häufen sich und einige erleben sich gestresst und wie aus ihrer Mitte herausgehoben. Daher erscheint es wichtiger denn je, das Bewusstsein zu führen und zu ordnen. Eine ausgleichende und beruhigende Aufmerksamkeit zu entwickeln, und dadurch zu mehr innerer Stabilität zu gelangen – danach sehnen sich viele. Aber wie geht das und kann es überhaupt geleistet werden, noch eine Aufgabe zu erfüllen? Das Bewusstsein im normalen, oder anderes ausgedrückt ungeschulten Zustand, springt sehr gerne von einem Objekt zum nächsten, oder von einer Information zur anderen. Die Gedanken scheinen sich hierbei wie zu überschlagen was sich sehr schwächend auf unsere sogenannte innere Ordnung und Ruhe, sowie auch auf unser Nervensystem belastend auswirkt.

 

Die Yogaübung der „Fisch“ (matsyāsana)

Am praktischen Beispiel des Fisches möchte ich die Aufmerksamkeit in ihrer idealen Form, und wie sie vom Menschen entwickelt werden kann, schulen. Der Fisch ist eine klassische Yogaübung die sowohl von Anfängern als auch von Fortgeschrittenen jeden Alters einstudiert werden kann.

 

In meiner langjährigen Erfahrung als Yogalehrerin erlebe ich es sehr häufig, insbesondere wenn ein Teilnehmer neu beginnt, dass die Bewegungen sehr fixiert, starr und manchmal recht hart erscheinen. Der seelisch-geistige Lernschritt im Fisch ist nun, dass der Übende über die Bewusstseinsaktivität den Körper auf differenzierte Weise in eine neue Form führt. Die exakte Spannungsverteilung ist hierbei unerlässlich und muss entsprechend herangebildet werden.

 

Schritt 1: mentale Vorbereitung

Lenke deine volle Aufmerksamkeit zunächst auf die Darstellung des Fisches mit der Fragestellung, wo die bewusst herbeigeführte Anspannung in der āsana am stärksten ist und welche Bereiche eher entspannt erscheinen. Das Bild 4 zeigt die Endstellung und ist hierfür besonders geeignet. Nehme dir hierfür 2-3 Minuten Zeit. Wenn andere, nicht zielführende Gedanken hinzukommen, lasse dich nicht ablenken, sondern lenke deine Aufmerksamkeit wieder auf das Bild.

 

Schritt 2: praktische Ausführung

Begebe dich in Rückenlage auf die Matte und führe deine Arme lang und schmal unter deinen Körper. Die Hände berühren sich etwas unterhalb des Gesäßes, evtl. auch etwas höher. Die Füße sind geschossen und die Beine entspannt. Führe nun als ersten Schritt die Schulterblätter zueinander. Durch diesen bewussten Impuls hebt sich der Brustkorn schon leicht an und die Körperform wird so nochmals etwas schmäler (Bild 1). Hebe dann den Oberkörper mit Hilfe der Ellenbogen nach oben hoch, der Blick ist in den Raum nach vorne gerichtet. Forme dann die Brustwirbelsäule Wirbel für Wirbel in eine Rundung, sodass eine Form ähnlich eines Torbogens von der Hüfte bis zum Kopf entsteht. Halte die Spannung zwischen den Schulterblättern unbedingt aufrecht, da sich ansonsten die Halswirbelsäule staucht (Bild 2 + 3).


Bild 1
Bild 1
Bild 2
Bild 2
Bild 3
Bild 3
Bild 4 - Anschauungsobjekt
Bild 4 - Anschauungsobjekt

Lege dann vorsichtig den Kopf am Boden ab, maximal mit dem Eigengewicht (Bild 4). In der Endstellung angekommen werde zunächst ruhig und nehme deine neu eingenommene Form wahr. Prüfe hier nochmals die Spannungsverteilung wie folgt: die Füße sind geschlossen und die Beine entspannt, die größtmögliche Aktivität und der Krafteinsatz befinden sich in der oberen Brustwirbelsäule zwischen den Schulterblättern und der Nacken-/ Kopfbereich fällt locker und entspannt nach hinten unten. Gelange dann geführt aus der Übung und verbleibe noch für Momente und beobachte deinen Atemfluss.


Schritt 3: erweiterte Gestaltung der Körperform durch das Bewusstsein

Führe den Fisch wie oben beschrieben noch einmal aus und werde in der Endstellung zunächst ruhig und beobachte dich selbst in der Körperform. Das Bewusstsein stellt sich auf diese Weise wie dem Körper gegenüber und du kannst deine Form objektiver erleben. Durch diesen Aufmerksamkeitsprozess den das Bewusstsein leistet entspannt sich der Körper im Ergebnis und wird dadurch weicher und wieder neu formbar. Du bist nun für die Erweiterung bereit und kannst nochmals die Vorstellung der differenzierten Spannungsverteilung aufbauen. Nehme dir hierfür ungefähr 10 Sek. Zeit und gelange dann in die praktische Umsetzung.

 

Die Entstehung der Aufmerksamkeit

Diese Arbeitsweise mit dem Bewusstsein, welche die Aufmerksamkeit auf praktische Weise schult, wird von dem Yogalehrer und Geistforscher Heinz Grill beschrieben und ist zunächst für das heutige Bewusstsein sehr ungewohnt. Für gewöhnlich wird eine Bewegung weniger aus einem Vorstellungsbild heraus geformt, sondern mehr aus der gewohnten Motorik. Die Bewegungen in ihrem äußeren Ausdruck sind deshalb sehr unterschiedlich.

 

Die Aufmerksamkeit so wie sie hier verstanden und beschrieben ist entwickelt sich, da der Übende seine volle, unvoreingenommenen Konzentration, verbunden mit einer geeigneten Idee oder Fragestellung, auf ein Objekt im außen lenkt und dieses in der Folge wie auf sich zurückwirken lässt. Er nimmt das Objekt weniger aus seiner subjektiven Stimmung von Sympathie oder Antipathie wahr, sondern gemäß der Idee oder Fragestellung. Das Bewusstsein löst sich auf diese Weise von den bisherigen Erfahrungen ab und gewinnt durch die exakt herbeigeführte Aktivität des Bewusstseins eine neue Erfahrung über das Objekt im außen. In diesem Beispiel bildet der eigene Körper das Objekt. Der Sinnesstrom wird durch einen Gedanken gelenkt und springt nicht wie gewöhnlich von einer Sache zur anderen ohne diese überhaupt wahrgenommen zu haben. Im Ergebnis erscheinen die Körperbewegungen freier und leichter, die Aufmerksamkeit wird geschult und das Nervensystem gelangt im Ergebnis zu einer Entlastung und Entspannung.


Quellenangaben:

„Die Seelendimension des Yoga“ von Heinz Grill S. 79 und 198

"Die seiben Chakren und die sieben Lebensjahrsiebte" von Heinz Grill S. 117

Eigene Recherche: yogawiki, wikipedia, google, Definition Aufmerksamkeit







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