Die Bedeutung des Atems auf drei Ebenen
- Melanie Berger

- 4. Jan. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. März 2021
Welche Bedeutung hat das Atmen für den Körper?
In erster Linie denkt man beim Atmen an die lebenswichtige Sauerstoffaufnahme. Der Sauerstoff wird bei der Einatmung, wodurch sich der Körper ausdehnt, aufgenommen und in die Körperzellen transportiert. Bei der Ausatmung, wenn die Luft aus dem Körper entweicht, wird dieser wie kleiner und es wird Wasser und Kohlendioxid ausgeschieden. Die Einatmung könnte man als einen lebensbejahenden Vorgang bezeichnen, während die Ausatmung mehr wie ein Todesprozess ist. Die Stoffe, welcher der Körper nicht zum Aufbau benötigt, werden wieder ausgeschieden. Es könnte auch so formuliert werden, dass man mit der Einatmung etwas in sich hineinnimmt und mit der Ausatmung gibt der Mensch wieder etwas nach außen ab. Ganz allgemein beginnt das Leben mit einem ersten Einatmen, mit einem Luftholen, mit einem Schrei. Es ist wie ein irdisches Ankommen, ein inkarnieren.
Interessant ist es auch zu erwähnen, dass es in der Pflanzenwelt genau anders herum ist. Das was der Mensch an Kohlendioxid ausscheidet, wir in exakt derselben Größe von den Pflanzen zum lebenssprießenden Aufbau benötigt. Wir leben also mit der Atmung in einer Art Symbiose mit den Pflanzen.
Welche Bedeutung hat das Atmen auf der seelischen Ebene?
Wie ist es aber wenn man von dieser rein körperlichen Erklärung zur seelischen kommt? Neben dem körperlich lebensnotwendigen Austausch von Stoffen kann die interessante Frage aufkommen was weiter in der Luft lebt. Oft spricht man davon „es liegt etwas in der Luft“. Neben verschiedenen Gerüchen lebt auch noch etwas feinstofflicheres im Luftraum. Meist meint der Mensch hiermit Stimmungen, aufbauende oder mehr zerstörende. Es kann die Atmosphäre sehr schön weitend, aufnehmend, licht und als rein empfunden werden, oder sie kann beengend, aggressiv, spaltend und wie verschattet oder verdunkelt sein. Und diese Stimmungen, die von außen auf den Menschen einströmen, haben eine spezifische Wirkung auf die Atemqualität. In der Fachkunde werden diese „Stoffe“ die ebenfalls in der Luft enthalten sind, genauer gesagt im Stickstoff, die aber nicht physisch messbar, sondern mehr wahrnehmend fühlend vom Menschen erkannt werden, als astrale Substanzialitäten bezeichnet. Sie erscheinen metaphysisch und jeder kennt sie zwar, aber mit dem herkömmlichen Augenlicht können sie nicht erschaut werden. Der Mensch hat jedoch die Möglichkeit durch seine Bewusstseinstätigkeit und durch geeignete Fragestellungen diese Atmosphäre zu erahnen, zu erfühlen. Es ist wie ein wahrnehmbares Fühlen des äußeren Raumes zu verstehen. Falsch wäre es jetzt zu glauben, dass durch einen dunkle, mehr beengende Stimmung in der Atmosphäre das Sonnenlicht tatsächlich eingeschränkt wäre, so ist es nicht. Aber an solchen Tagen, die einem wie dunkel erscheinen wird der Mensch sehr wohl bemerken können, dass er nicht so richtig beziehungsfreudig mit anderen Menschen in Kontakt gelangen kann, evtl. schneller Streit entsteht oder der innere Antrieb für die vorgenommenen Aufgaben fehlt. Der Luftraum um den Menschen herum kann als sogenanntes kosmisches Feld bezeichnet werden. Über den Luftraum nimmt der Mensch an einem großen Ganzen teil. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir die Frage, welchen moralischen Wert der Mensch in der Atmung erkennen kann. Da man mit der Atmung, wie oben bereits beschrieben, an der Umgebung teilnimmt und grobstofflich zu einem Austausch gelangt ist es interessant was man mehr auf feinstoffliche Art in den Luftraum abgibt. Welche Substanzen werden wohl vom einzelnen Menschen abgegeben, wenn er sich im Streit befindet und was wird er wohl freigeben, wenn er sich um einen sachlichen, aufbauenden und förderlichen Dialog bemüht? Es erscheint sicher sehr ungewöhnlich und fremd von der Atmung in einem moralischen Bezug zu sprechen. Dennoch nimmt der Mensch mit der Atmung an einer kollektiven Stimmung teil.
Ein weiteres interessantes Beispiel ist jenes, wenn man verreist. Vermutlich kennt es jeder. Man landet in einem anderen Land und fühlt sich bereits nach kurzer Zeit anders. Sicher, da es in einer fremden Umgebung auch andere Pflanzen und andere Nahrung gibt duftet auch die Luft anders. Aber auch hier ist es eben so, dass jedes Volk seine eigene vorherrschende, besondere Stimmung hat und daran nimmt man über die Atmung recht intensiv teil. Man atmet sich sozusagen in eine andere Wirklichkeit hinein.
Der moralische Aspekt der Atmung (Geist)
Jeder Mensch hat einen sogenannten geistigen Wesenskern, in der indischen Lehre wird dieser Teil des Menschen als ātman, als das ewige transzendente Selbst bezeichnet. Heinz Grill (Yogalehrer, spiritueller Lehrer, Bergsteiger) oder auch in der Anthroposophie wird dieses Selbst auch als Ich (nicht zu verwechseln mit Ego) bezeichnet. Der Mensch hat als einziges Wesen auf der Erde die Möglichkeit, sogenannte astrale Stimmungen, Wesenheiten zu erzeugen bzw. aufzulösen und zu transzendieren. Dies erfolgt einmal über den Vorgang des Denkens. Man kann es sich folgendermaßen vorstellen. Der Mensch hat bspw. die Möglichkeit, ordnend und damit erhellend und aufbauen sowie konstruktiv in ein Streitgespräch hineinzuwirken. Er kann aufbauen und somit eine mehr belastende Atmosphäre zu einer mehr erhellenden leichten Atmosphäre wandeln oder er könnte auch, so wie man oft sagt „noch Öl ins Feuer gießen“. Diese Möglichkeit hat der Mensch in jedem Augenblick seines Wach-Zustandes durch die Gedankenbildung. In jedem Moment obliegt es dem Menschen mit seiner sogenannten Ich-Tätigkeit auf das kosmische Feld zu wirken. Jeder Mensch kann sich hiermit in einem Spannungsfeld erleben und selbst erkennen, welche Bedeutung die Umgangsformen für das kosmische Umfeld durch den Atemvorgang haben. Es drängt sich in diesem Kontext die Frage auf, wie man selber wirken möchte und wie man tatsächlich wirkt. Was möchte man aufbauen, welche Qualität möchte man selbst in den Luftraum hineinführen? Vielleicht ist es ungewöhnlich in Bezug auf den Atem von einem moralischen Aspekt zu sprechen, aber durch das geschriebene wird es deutlich, dass der Mensch mit der Atmung auch eine gewisse Verantwortung eingeht. Wenn man von dieser Tatsache ausgeht, dass man über sein Denken reell etwas an die Außenwelt über die Atmung an die Atmosphäre abgibt, wird auch der moralische Aspekt der Atmung deutlicher. Durch diese Erkenntnis bietet sich jedoch auch die wunderbare Möglichkeit den Luftraum zu gestalten, was mir als sehr hoffnungsvoll und zukunftsweisend erscheint - wenn der Mensch lernt, verantwortungsbewusst und selbstständig die Atmosphäre an der er teilnimmt nicht einfach so hinzunehmen, sondern sie aktiv zu gestalten und zu verändern.
Der Vorgang der Gedankenbildung wirkt sich recht intensiv im positiven Sinne auf die Atemqualität aus. Dies lässt sich recht leicht in der Konzentrationsbildung überprüfen. Bspw. beobachtet man den eigenen Atem wie aus einem Zeugenstand heraus vor der Konzentrationsübung, währenddessen und auch danach. Wie hat er sich in der Qualität verändert? Dies sind interessante Beobachtungen, wie Gedanken, die der Mensch sich bildet, auf den Atemprozess wirkt. In diesem Kontext könnte man auch überprüfen, wie Gefühle z. B. Angst auf den Atemvorgang wirken.
Viele Freude beim Forschen und Beobachten
Eure Melanie
Quellenangaben:
Heinz Grill „Der freie Atem und der Lichtseelenprozess“
Anthrowiki
Wikipedia




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