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Was kann Werden?

  • Autorenbild: Melanie Berger
    Melanie Berger
  • 13. Apr. 2020
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. März 2021

In diesen außergewöhnlichen, noch nie dagewesenen Tagen des Verzichtes auf Begegnungen mit Familie, Freunden und Bekannten, aber auch in Zeiten der Angst und vielleicht der Verzweiflung frage ich mich, was hieraus Neues entstehen kann? Bisher waren Begegnungen und die hieraus entstehende Beziehungsfreude mehr oder weniger etwas selbstverständliches. Erst in Zeiten des Verlustes erkennt der Mensch nun ganz bewusst - und dies schmerzlich - was es wirklich bedeutet in Beziehung mit Anderen zu stehen. Es ist dies für die Entwicklung des Menschen unabdingbar. Die Frage, wie sich nun diese eher negative Erkenntnis zu einer positiven wandeln könnte beschäftigt mich die Tage. Wodurch entsteht eigentlich Beziehungsfreude? Nach meiner eigenen Erfahrung entsteht dann eine Freude in der Begegnung zwischen zwei Menschen, wenn sie gemeinschaftlich an einem Thema, einem Inhalt bzw. einem Gedanken ansetzen und moralisch gesittete Motive hegen. Es wird der Dialog dann nie polar und schwer, sondern frei und gewaltlos (sanskrit ahimsa) stattfinden. Dies auf Grund der entwickelten Gedanken woran die Gesprächspartner ansetzen. Die Kommunikation findet außerhalb einer Be- oder Verurteilung des Anderen statt und enthebt sich aus der persönlichen Sphäre. Es kann auf diese Weise ein Thema sachlich diskutiert, bearbeitet und erforscht werden. Bildhaft kann man sich dies wie ein Dreieck in der unten dargestellten Zeichnung denken und vorstellen:




Gerade im Augenblick in der Diskussion des Coronavirus wäre diese Eigenschaft des Menschen einen sachlichen, polarfreien Dialog zu führen von großer Bedeutung. Was festzustellen ist sind zwei verhärtete, sich gegenüber stehende, polare Fronten. Die Welt spaltet sich. Auf der einen Seite befinden sich Befürworter der auferlegten Maßnahmen (stay at home) und auf der anderen Seite die sogenannten Coronagegner. Wer ist nun der "Gute" und wer der "Böse"? Eine Spaltung, Verunsicherung und vor allem Angst beherrschen die Atmosphäre.


Müsste nun nicht das übergeordnete Thema das Entstehen und das Erforschen (auch aus geistiger Sichtweise) des Virus selbst sein um herauszufinden, wie damit umzugehen ist, welche Maßnahmen tatsächlich erforderlich und notwendig sind um das Grundgesetz Artikel 8 wieder in Kraft treten zu lassen und eine zwischenmenschliche Begegnung wieder möglich zu machen? Wäre nicht gerade dies von größter Wichtigkeit? Müssten nicht Forscher und Politik dieses Thema als oberste Priorität erachten? Meiner Beobachtung nach findet zu wenig eine objektive und sachliche Berichterstattung statt. Man streitet. Das eigentliche gemeinsame Ziel, der Gedanke, dass der Mensch so schnell als möglich seine Freiheit, Selbstbestimmung und die Begegnungsmöglichkeit mit den Mitmenschen wieder erlangt - darum scheint es aktuell weniger zu gehen. Unsere Welt verändert sich durch die vorgenommenen Maßnahmen drastisch und die Frage bleibt, wie geht es weiter? Oft denkt der Mensch hier zu klein und erkennt seine wahren Möglichkeiten, seine Kapazitäten nicht und steht dem Geschehen scheinbar wie machtlos gegenüber. Was soll ich schon bewirken - diese Redewendung kennt wohl jeder.

Jedoch ist es jedem einzelnen Mensch ganz individuell durch die Möglichkeit des Denkens seiner Ziele, seiner Inhalte, seine Motive und seiner Ideale möglich, eine Begegnung durch sein Bewusstsein so führen, dass die Welt zu einer gehobeneren gestaltet werden kann. Wenn der Mensch auf richtige weise das Denken schult kann er großes Bewirken und dies nicht nur für sich allein, sondern insbesondere für seine Mitmenschen, für die Gemeinschaft. Gedanken haben die Fähigkeit eine Kraft auszustrahlen, die eine positive Wirkung auf das Umfeld haben. Hier geht es jedoch nie darum jemanden seinen Willen aufzuzwingen oder zu manipulieren, sondern um die individuelle Förderung der Entwicklung selbst. Was kann Werden? Hier habe ich recherchiert und einen sehr ansprechenden Vortrag aus dem Jahre 2002 aus dem Buch "Initiatorische Schulung in Arco - Gemeinschaftsbildung und Kosmos" von dem Yogalehrer und Geistforscher Heinz Grill entdeckt. Ausschnitte dieses Vortrages möchte ich Euch hier zur Verfügung stellen. Es ist eine Möglichkeit, sich eine zukünftige Kultur vorzustellen und soll der Anregung eigener Gedanken und Vorstellungen dienlich sein:

(...) Es werden sich Menschen begegnen, und die Begegnung trägt in sich immer wieder die Möglichkeit zu einem Neuanfang, zu einer neuen Wahrnehmung. Zwei Menschen begegnen sich sich, zwei Seelen begegnen sich, aber auch das jenseitige Reich begegnet sich, geistige Substanzen begegnen sich, Schöpfersubstanzen begegnen sich. Wir wissen von den bisherigen Kursen, wie eine Begegnung unsichtbarer Art auf verschiedenen Ebenen stattfindet. Zwei Menschen begegnen sich und sie sollen sich in der Zukunft so begegnen,dass sie einander stärken. Es wäre ein Zielpunkt, dass diese beiden Menschen sich aber nicht im egoistischen Sinne stärken, sondern sich so gegenübertreten, dass eine Wahrnehmungsfähigkeit durch die sogenannte Bewusstseinseele oder durch die Klarheit, durch die Wachheit des Wahrnehmens, durch das Bemühtsein des Erkennens entsteht. Ein weiteres Ziel wäre es, dass eine neue Fähigkeit entflammt, wo zwei Menschen einander begegnen, indem sie einander so wahrnehmen, dass jenes Wesen der Angst leichter weichen kann, dass jenes Wesen der Verzagtheit, der Deprimierung von dem Einzelnen weicht und der Hoffnungsschimmer des Selbst wieder durchleuchtet.


Zwei Menschen begegnen sich und beide nehmen sich in dieser Weise so klar, so objektiv, so vornehm, so würdevoll und vielleicht sogar humorvoll - es gibt viele Formen der Wahrnehmung - aber so würdevoll, so achtsam, so bewusst, so strebend nach dem Geiste, nach der Wahrheit wahr, dass sie sich in ihrem eigenen Selbst stärken. So begegnen sie sich und laden nicht gegenseitig ihre Energien aufeinander, wie das mehr in Symbiosen, in Abhängigkeitsverhältnissen der Fall ist, sondern sie begegnen sich befreiend, erbauend, so dass die Kräfte aus der Begegnung hinübergehen und sich lösen können aus dem gebundenen Dasein, sich wieder reintegrieren und zurückbilden können. Begegnung soll in der Zukunft immer deutlicher heilend werden und sie bezeichnet damit das wichtigste Liebesmerkmal der Gemeinschaft. Sie ist das Liebesmerkmal der Gemeinschaft,einer Gemeinschaft, die sich aber erst in langsamen Wehen heranbildet, sich aus vielen auch schweren Mustern herausbilden möchte. Dieser heilsame, befreiende Aspekt, dieser liebend, heilsame, befreiende Aspekt bezeichnet die Gemeinschaft.


(...) Und wenn ihr einander und auch der Außenwelt begegnet, so soll weder Unterwürfigkeit noch Macht, weder eine Hybris, noch eine Selbstaufgabe diese Begegnung leiten, sondern das Verantwortungsgefühl, das zur heilsamen Klarheit führt und das Menschen wieder zu einer Mitte, zu einem Thema, nicht zu einem nur missionarischen Gottesbild, sondern zu einem Thema, zu einem Sachbezug oder zu einer angemessenen Klärung hinführt. Das soll das wesentlichste Zeichen einer zukünftigen Gemeinschaft sein. Viele andere Merkmale könnten hier noch aufgezeigt werden, aber das wesentlichste Merkmal ist das Begegnen von Seelen, der Wahrnehmung, von einer gegenseitigen Verantwortung und Beziehungsaufnahme (...)


Wer dieses Ideal anstrebt, muss sich für die Zukunft auf jene Weise ausrichten, dass er in Form von Übungen oder praktischen, methodischen Lernschritten zu einer Sache besser hinfindet, zu einer Beziehungsaufnahme hinfindet. Er muss sich tatsächlich jene Disziplin auferlegen, so eigentümlich und infantil es klingen mag, erst einmal die Beziehungsfähigkeit zu den verschiedenen Reichen der Natur, im Miteinander und in pädagogischer Form richtiggehend auszuprägen. Viele sind noch nicht ausreichend angekommen, zu unsicher sind sie auch in ihren Methoden, in ihren Gestaltungsformen. Die Beziehungsfähigkeit ist eine Angelegenheit, die eines unendlichen Lernens bedarf (...)


Beziehungsfähigkeit heißt so viel wie die Fähigkeit, intensiver in die Welt hineinzudringen oder in die Materie durchgeistigend hineinzuwirken. Beziehungsfähigkeit würde auch einschließen, mit Menschen befreiend und harmonisierend umgehen zu können. Dabei gibt es hier keinen Methoden, die aus einem Schema geboren sind und die nur als ein Mittel zum Zweck angewendet werden, sondern es gibt tatsächlich die Beziehungsfähigkeit durch den Gedanken, durch das Gefühl im Hinblick und in Hinwendung zur Sache selbst, so dass die Beziehungsfähigkeit eine unmittelbar seelische Größe, die sich dann in pädagogischer Geschicklichkeit, in der Wärme der Handlung, in der Hinwendungsfähigkeit, ja, in der Liebesfähigkeit zur Welt ausdrückt. - Heinz Grill


Man könnte nun das Geschriebene nehmen und überlegen, wie man selbst über seine Gedanken- und Vorstellungskraft die Beziehungen im Zwischenmenschlichen gestalten kann. Eine erste Möglichkeit wäre es, seinen Gegenüber zunächst einmal wahrzunehmen. Wie oft gleiten die Sinne ungeordnet und sprunghaft am anderen vorbei und man bemerkt ihn gar nicht wirklich. Wie schaut der andere aus, was kommt mir entgegen, wie wirkt er, was braucht er usw. könnten hinführende Fragen sein. In einem zweiten Schritt könnte man sich fragen, welche aufbauenden, hoffnungsvollen und stärkenden Gedanken kann man in die Begegnung hineinlegen? Wie kann man den anderen auf die vorgeschlagene Weise unterstützen. Am meisten freut sich der Mensch wenn er etwas für andere tut - im Ergebnis erfreut man sich daran am meisten.


Gerade in dieser aktuellen und schlimmen Situation finde ich es wichtiger denn je, hoffnungsvolle und aufbauende Gedanken zu erschaffen und zu pflegen. Von Seiten der Politik oder Anderen kann man nicht erwarten, dass sie es für einen richten oder blind vertrauen, man muss es schon selbst und eigenverantwortlich in die Welt bringen.


Viele Grüße, Melanie




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